Instrumente der Transformationsfinanzierung und deren Relevanz für NRW

07 Apr 2022
 

NRW Die Transformation der Unternehmen muss durch die Finanzwirtschaft begleitet werden. Im Mittelpunkt stehen hier die Stellschrauben Volumina, Passgenauigkeit und Risiken. Um diese aufeinander abzustimmen, sollte die Vernetzung von Unternehmen mit Banken, Versicherungen und Investoren gestärkt werden. Diese Vernetzung unterstützt Fin.Connect.NRW.

 

Auf die Unternehmen in NRW kommt ein immenser Investitionsbedarf im Rahmen der digitalen und klimaneutralen Transformation zu. Die Studie „Transformation in NRW: Wie kann die digitale und klimaneutrale Transformation der Unternehmen in NRW am besten finanziert werden?“ des Instituts der deutschen Wirtschaft ermittelt jährliche Investitionen in Höhe von  bis zu 70 Mrd. Euro in den kommenden Jahren. Dabei müssen aber nicht nur die hohen Volumina gestemmt werden, sondern es ist auch auf die Passgenauigkeit der Finanzierung und den damit verbundenen Risiken zu achten:

 

  • Der Großteil der Volumina wird über die Hausbanken finanziert werden. Dabei kann das Eigenkapital der Banken einen möglichen Engpassfaktor darstellen. Es gilt also zu überlegen, wie das Eigenkapital der Banken im Transformationsprozess am effektivsten eingesetzt werden kann.
  • Die Passgenauigkeit der Finanzierung spielt immer dann eine Rolle, wenn Investitionen in Digitalisierung und Nachhaltigkeit nicht nur bestehende Produkte und Prozesse verbessern, sondern wenn es sich um Technologien handelt, für die noch keine Marktreife erreicht ist. Der Zugang zu Eigenkapital und Förderinstrumenten mit einer Risikoteilung zwischen Bank und Förderbank können entscheidend sein.
  • Die Transformation geht auch mit Risiken einher, da bestimmte Basisinnovationen durch Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten erst noch entwickelt werden und zur Marktreife gebracht werden müssen. Eine staatliche Anschubfinanzierung bietet sich dann an, wenn die Innovation zu riskant für private Investoren ist, aber bei Erfolg hohe soziale und wirtschaftliche Renditen mit sich bringt.

 

Das Oslo-Manual der OECD diskutiert die unterschiedlichen Finanzierungsformen und deren Anwendbarkeit für die Finanzierung von Innovationen. Dieses Schema kann auf die Finanzierung der Transformation angewendet werden, und es kann die Relevanz für NRW analysiert und diskutiert werden.

 

Stärkung des Zugangs zu Eigenkapital für Unternehmen

 

Die Eigenkapitalfinanzierung hat für die Finanzierung von Innovationen, die aufgrund ihrer Risikostruktur oder einer noch fehlenden Marktreife für eine Kreditfinanzierung zu riskant sind, eine bedeutende Rolle. Dies sind vor allem Innovationen, die sich noch in einer Entwicklungsphase befinden. Hierzu zählen Technologien, wie das Carbon Capture and Storage, bei dem CO2 im Produktionsprozess abgeschöpft und eingelagert wird. Bei einem höheren CO2-Preis werden sich diese Investitionen für die Unternehmen rechnen, und dann kann auch zu einer zusätzlichen Kreditfinanzierung übergegangen werden. Ähnlich verhält es sich mit der Entwicklung neuer digitaler Technologien, wie z.B. der Künstlichen Intelligenz (KI).

 

Viele Unternehmen haben in den letzten Jahren vor Beginn der Pandemie ihre Eigenkapitalquoten erhöht. Allerdings mussten die besonders von der Pandemie und die von der Hochwasserkatastrophe betroffenen Unternehmen auch Verluste verzeichnen, was die Finanzierung aus Eigenmitteln in den kommenden Jahren einschränken könnte. Unternehmen, die besonders von den aktuell stark steigenden Energiepreisen betroffen sind, werden womöglich auch weniger auf Gewinnrücklagen als Finanzierungsform zurückgreifen können. Um auch diese Unternehmen bei der Transformation zu unterstützen, ist ein verbesserter Zugang zu Eigenkapitalinstrumenten hilfreich. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund relevant, dass die Unternehmen für die Transformation Know-how aufbauen müssen, was sie in der Regel durch einbehaltene Gewinne finanzieren.

 

Auch wenn viele Unternehmen bei der Aufnahme von externem Eigenkapital zurückhaltend sind, so stellt dieses vor allem für junge Unternehmen eine wichtige Finanzquelle dar. Eine Herausforderung hier ist es, dass sich die jungen und noch unbekannten Unternehmen und die Eigenkapitalgeber erst noch finden müssen. Lokale Fonds können die bestehenden Informationsasymmetrien deutlich besser überwinden als global operierende Fonds, denen häufig eine regionale Expertise fehlt. Von daher ist es sinnvoll und wichtig, Eigenkapitalinstrumente auf Landesebene zur Verfügung zu stellen. Größenvorteile können über die Kooperation von lokalen und globalen Fonds erreicht werden, z.B. über eine Beteiligung der Europäischen Investitionsbank an einem NRW-Fonds.

 

Staatliche Investitionen und staatliche Innovationsförderung

 

Häufig sind staatliche Investitionen erst der Enabler für Unternehmensinvestitionen. In NRW sollen bis zum Jahr 2030 240 Kilometer an neuen Wasserstoffleitungen entstehen, durch die weitere Investitionen der Industrie angestoßen werden können. So wird in Duisburg die erste große Anlage zur Erzeugung von Stahl auf Basis von Wasserstoff entstehen. Bis 2030 sollen wasserstoffbasierte Anlagen in der Glas-, Fliesen- und Ziegelindustrie und Gießereien gebaut werden. Die Mobilitätswende soll zudem über 11.000 Brennstoffzellen-LKW und 3.800 Brennstoffzellen-Busse für den ÖPNV unterstützt werden.

 

Eine staatliche Innnovationsförderung und eine Beteiligung an einem Innovationsfonds können von Vorteil sein. Dies gilt vor allem für die Finanzierung von Basisinnovationen, die technisches Neuland betreten, da die Unternehmen durch ihre Forschungstätigkeit hohe Risiken eingehen, denen aber auch ein hoher gesellschaftlicher Nutzen gegenübersteht. Denn diese Innovationen diffundieren nach und nach in die Breite des Unternehmenssektors und ziehen Nachfolgeinvestitionen nach sich. Dies wäre im Bereich der KI der Fall. NRW will ein bundesweit führender Standort für angewandte Künstliche Intelligenz werden. Die Anwendungsgebiete der KI und der Bewirtschaftung von Daten in Unternehmen sind groß und nicht nur auf die Großunternehmen beschränkt. So können auch Unternehmen aus den Bereichen der Lebensmittelherstellung und Gastronomie über KI und Wetterdaten Umsatzprognosen erstellen lassen, die ihnen eine bessere Planung ermöglichen und helfen, z.B. Ausschuss zu vermeiden.

 

Hausbanken werden den Großteil der Transformation finanzieren

 

Für die Finanzierung von inkrementellen Innovationen, d.h. Prozess- und Produktverbesserungen durch neue Technologien, die eine Marktreife besitzen, kann über die Banken am besten durchgeführt werden, da diese Art von Innovationen aufgrund ihrer Marktreife keine übermäßig hohen Risiken darstellen. Je nach dem kann eine zusätzliche Beteiligung durch Eigenkapitalinvestoren bzw. Förderbanken sinnvoll sein. Die NRW.BANK hat hierzu auch entsprechende Programme wie den Digitalisierungskredit vorzuweisen. Damit wurde z.B. ein Digitalisierungsvorhaben der Bäckerei Lechtermann Pollmeier zur Einführung von elektronischen Bons zur Einsparung von Papier gefördert.

 

Eine Analyse der Eigenkapitalstruktur des Bankensektors zeigt, dass die immensen Investitionsvolumina vom Bankensektor zu bewältigen sind. Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass eine Wirtschaftskrise, wie die aktuelle Energiekrise, zu höheren Kreditausfällen führt, wodurch sich das Eigenkapital der Banken reduziert und diese risikoaverser in ihrer Finanzierung werden. Förderinstrumente für eine Risikoteilung zwischen Banken und Förderbank können hier sinnvoll sein, damit das Eigenkapital der Banken effizient eingesetzt wird und damit innovative Unternehmen, die auch unter Unsicherheit investieren müssen, nicht vom Kreditmarkt ausgeschlossen werden. Auch eine Stärkung der Verbriefungsmärkte könnte dabei unterstützen, die hohen Kreditvolumina für die Transformation zu stemmen.

 

Neue Geschäftsmodelle können zur Bilanzerleichterung beitragen

 

Während vor allem für die klimaneutrale Transformation Kapitalgüter neu angeschafft werden müssen, so erlaubt die Digitalisierung gleichzeitig einen kapitalsparenden technologischen Fortschritt. Neue Geschäftsmodelle, die unter dem Begriff Anything-as-a-Service (XaaS) zusammengefasst werden, können den Unternehmen im Transformationsprozess helfen, ihre Bilanz zu schonen. Diese Geschäftsmodelle sind dem Leasing von Maschinen sehr ähnlich. Durch die Möglichkeiten des Cloud-Computing kann eine nutzungsbasierte Vergütung für die Bereitstellung von Maschinen erfolgen, wie es aus dem Car Sharing bereits bekannt ist. Für Unternehmen im Transformationsprozess, die sowohl in Maschinen als auch in Beschäftigte investieren müssen, kann die Bilanzschonung sinnvoll sein, da die Unternehmen so einen Anstieg ihres Verschuldungsgrades und damit einem Absinken ihrer Bonität entgegenwirken können.

 

Ergänzung und Bündelung der Finanzierungsinstrumente und der Informationsangebote

 

Für die Transformation von NRW müssen die Finanzierungsinstrumente nicht notwendigerweise neu erfunden werden. Sie müssen allerdings neu gebündelt und ergänzt werden, um den Chancen und Risiken der Transformation gerecht zu werden:

 

  • Unternehmen, die gleichzeitig in Gebäude, IT und Maschinen investieren, müssen häufig auf verschiedene Kredite und Förderinstrumente zurückgreifen, für die verschiedene Berater zuständig sind. Durch eine stärkere Bündelung von Krediten und Förderinstrumenten kann der bürokratische Aufwand für die Unternehmen dann minimiert werden.
  • Viele Unternehmen zögern nicht wegen einer unsicheren Finanzierung mit den Investitionen in ihre Transformation, sondern sie warten auf die Bereitstellung von staatlicher Infrastruktur, die für ihre Investitionen in Digitalisierung und Nachhaltigkeit erforderlich ist.
  • Ein verbesserter Zugang zu Eigenkapitalinstrumenten ist für junge und innovative Unternehmen essenziell. Ein neuer Innovationsfonds unter Beteiligung der Europäischen Investitionsbank sollte geprüft werden. Dieser Fonds könnte auch ergänzendes Eigenkapital für die Bankfinanzierung zur Verfügung stellen.

 

Neben der Verbesserung des Angebots an Finanzierung ist es aber auch erforderlich, dass die Unternehmen einen Zugang zu Informationen zur Transformationsfinanzierung erhalten. Mit Fin.Connect.NRW wird hierzu eine zentrale Informationsplattform für NRW aufgebaut, um Unternehmen, Banken und Investoren besser zu vernetzen und ein Ökosystem zur Unterstützung der Transformation in NRW zu schaffen.

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